Freitag, 3. Juni 2011

Vom Burnout bedroht?

Ich habe letzte Woche die Notbremse gezogen.

Ich habe festgestellt, dass ich nun 4 Wochen am Stück Konzentrationsbeschwerden habe, in einem Ausmaß, welches weit über das hinaus geht, was ich seit Beginn meiner ADS-Behandlung vor sieben Jahren kenne.


Hatte ich sonst gelegentlich mal Tage, an denen ich mich trotz Medikation den ganzen Tag nicht konzentrieren konnte, so waren in den letzten Wochen eher Tage die Ausnahme, an denen ich insgesamt mehr als zwei Stunden halbwegs meine Gedanken bei meinen Aufgaben halten konnte.
Auf der Arbeit ging oft nichts mehr, wie ich auch in meinen letzten Einträgen in diesem Blog geschildert hatte. Doch auch Privat kam ich nur selten dazu, die Dinge, die ich mir vorgenommen hatte zu erledigen -auch solche, die mit einem Hobby zusammen hängen- auch wirklich zu tun.
Das einzige was noch funktionierte war in den Tag hinein zu leben, oder mich mit Verabredungen mit Freunden abzulenken, an deren Termine meine Frau mich jedoch stets erinnern musste.

Ich fühlte mich innerlich absolut leer.
Ich kam eher zufällig dazu, etwas über das Thema "Burnout" zu lesen. Zwar wusste ich, dass die Wissenschaft davon ausgeht, dass ADS-Betroffene ein erhöhtes Burnout-Risiko haben, doch nahm ich das nicht ernst.

Burnout ... das passiert mir nicht, das bekommen doch nur die Anderen.


So dachte ich.
Doch als ich mich über das Thema belas, musste ich mit erschrecken feststellen, dass ich doch einige der Sympthome eines Burnout schon jetzt an mir beobachten kann.

Zitat, Wikipdia:

Phasen des Burnout-Syndroms 

Herbert Freudenberger und sein Kollege Gail North haben zwölf Phasen im Verlauf des Burnout-Syndroms identifiziert, deren Reihenfolge aber auch anders als die nachfolgende sein kann: [17]
  1. Drang, sich selbst und anderen etwas beweisen zu wollen
  2. Extremes Leistungsstreben, um besonders hohe Erwartungen zu erfüllen
  3. Überarbeitung mit Vernachlässigung anderer persönlicher Bedürfnisse und sozialer Kontakte
  4. Überspielen oder Übergehen der inneren Probleme und Konflikte
  5. Zweifel am eigenen Wertesystem und ehemals wichtigen Dingen wie Hobbys und Freunden
  6. Verleugnung entstehender Probleme, zunehmende Intoleranz und Geringschätzung Anderer
  7. Rückzug und Vermeidung sozialer Kontakte auf ein Minimum
  8. Offensichtliche Verhaltensänderungen, fortschreitendes Gefühl der Wertlosigkeit, zunehmende Ängstlichkeit
  9. Depersonalisierung durch Kontaktverlust zu sich selbst und zu Anderen, das Leben verläuft zunehmend „mechanistisch“
  10. Innere Leere und verzweifelte Versuche, diese Gefühle durch Überreaktionen zu überspielen (Sexualität, Essgewohnheiten, Alkohol und Drogen)
  11. Depression mit Symptomen wie Gleichgültigkeit, Hoffnungslosigkeit, Erschöpfung und Perspektivlosigkeit
  12. Erste Selbstmordgedanken als Ausweg aus dieser Situation; akute Gefahr eines mentalen und physischen Zusammenbruchs.

    [17] Ulrich Kraft, Burned Out, in: Scientific American Mind, June/July 2006, S. 31

Von diesen 12 Phasen, zeigen sich bei mir bereits die folgenden:
1, 2, 3, 4, 5 teilweise, 8, 10 jedoch ohne Alkohol oder Drogen, 11 in Anfängen.
Meine Frau meint überdies bei mir Punkt 9 zu beobachten, davon habe ich nichts bemerkt.
Die verbleibenden drei Punkte kann ich derzeit an mir ausschließen.


Meine Freunde reagierten auf meine Sorgen in en letzten Tagen mit Unglauben: Ja, es könne sein, dass ich überarbeitet sei, doch ein Burnout habe ich sicher nicht.

Ich gehe ja auch nicht davon aus, dass dies jetzt schon ein Burnout ist. Dafür geht es mir wahrlich noch zu gut.
Aber ich sehe dies als deutliches Warnsignal an. Ich darf auf keinen Fall weiter auf dieser Leiter des Ausbrennens gehen, sonst nehme ich irgendwann deutlich schwereren Schaden als jetzt.

Ich habe mir dann sehr kurzfristig eine Woche Urlaub genommen, um einmal aus zu spannen. Ich wollte einmal wieder meine "Akkus" richtig aufladen, und einmal so richtig "runter kommen".
Ich habe nun seit letztem Freitag, also seit 6 Tagen kaum mehr an meine Arbeit gedacht.
Ich habe meinen Computer nurnoch dazu benutzt, ein paar Flash-Spiele im Internet zu spielen. Ich habe seit 6 Tagen keine eMails mehr gelesen.

Heute hätte ich wieder zur Arbeit gemusst.
Doch gestern Abend habe ich festgestellt, dass das nicht geht. Ich bekam gestern Abend Angstzustände. Weinend habe ich meiner Frau gestanden, dass ich Angst davor habe, wieder zur Arbeit zu gehen.
Irgendwann nach 03:00 Uhr gelang es ihr, mich in den Schlaf zu streicheln.

Heute Früh ging es mir noch schlechter. Ich war zwiegespalten zwischen meiner Angst und dem Pflichtbewusstsein, welches mir überdeutlich sagte, dass ich wieder zur Arbeit gehen müsse.
Ich wollte arbeiten, um jeden Preis. Doch meine Frau hinderte mich daran, das Haus zu verlassen. Sie hatte zu große Angst, dass ich in meinem Zustand noch einen Verkehrsunfall erleide.
Wirklich in der Lage etwas zu leisten, wäre ich heute eh nicht gewesen.

Meine Frau meldete mich krank und schleppte mich zum Arzt. Dieser schrieb mich für eine Woche krank und überwies mich an die Ambulanz der Psychatrie. Dort habe ich nun kommende Woche einen Termin.

Ich denke nicht, dass ich bereits einen Burnout habe, doch nehme ich die Warnzeichen sehr ernst, denn ich möchte nicht einen solchen erleiden müssen.
Irgendwann konnte ich mich sogar durchringen, meinem Arbeitgeber zu sagen, was los sei, und warum ich mich krank gemeldet habe.
Im Telefonat mit meinem Chef bekam ich dann die erleichternde Bestätigung, das Richtige getan zu haben.
Der Firma ist es natürlich auch lieber, ich falle nun 1-2 Wochen aus, und lasse mir rechtzeitig helfen, als dass ich einen Burnout erlebe, der mich gleich mehrere Monate arbeitsunfähig macht.
Es beruhigt mich stark, nun zu wissen, dass mein Chef hinter mir steht.
Die letzten Tage hatte ich her Angst, meinen Chef darauf anzusprechen, aus Angst, meinen Job zu verlieren, wenn ich Schwäche zeige.

Tja, bleibt nur noch die Frage: Wie kam es dazu?
Nachdem mein Chef einen Blick darauf war, wieviele Überstunden in in der letzten Zeit geleistet hatte, hatte er keine weiteren Fragen mehr.
Ich habe mehr gearbeitet, als es nach dem Arbeigtsschutzgesetz zulässig ist. Ich habe die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten nicht eingehalten und habe oft nach weniger als 5 Stunden Schlaf weiter gearbeitet.
Aus irgend einem Grund hatte ich den inneren Antrieb, "besser" zu sein als meine Arbeitskollegen, und mehr zu leisten als andere.
Ich warne Euch, macht nicht den selben Fehler!


Ich war heute beim Arzt.
Der möchte aufgrund meiner ADS keine Aussage dazu treffen. Er hat zuwenig Ahnung von ADS um dies nicht als Ursache auszuschließen.
Wie eingangs erwähnt halte ich ADS als Ursache für eher unwahrscheinlich, da sich meine ADS-Probleme immer nur auf einie Stunden beschränkten, und nicht auf 4 Wochen am Stück.
In ein paar Tagen habe ich nun einen Termin bei einer Psychologin in der Ambulanz der nächsten Psychatrischen Klinik. Dort bekommt man einfach weitaus schneller einen Termin als bei einem niedergelassenen Psychologen mit teils monatelangen Wartelisten...
Wenn ich von dort aus neues zu berichten weiß, werde ich es an dieser Stelle berichten.

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