Dienstag, 3. Juli 2012

Zeit für ein Experiment?

... nur so ein (vermutlich bescheuerter) Gedanke


Mir kam gerade eine Idee, von der ich noch nicht weiß, was ich von ihr halten soll.
Damit ich die nun erstmal loswerden und später darüber nachdenken kann, schreibe ich sie hier nieder.


Ich habe überlegt, ein Experiment zu machen.
In diesem (oder einem neu zu erstellenden Blog) könnte man, deren Interesse vorrausgesetzt, Personen aus meinem Umfeld Schreibrechte einräumen:
Meinem Chef, meinem Arzt, ein paar engen Freunden ...

Riesen Nachteil:
Verlust der Anonymität!
Zwar könnte man den absoluten Anonymitätverlust durch die Benutzung von Pseudonymen verhindern.
Aber momentan kann z.B. mein Chef noch nicht von diesem Blog auf mich schließen.
Zugegeben, mit zunehmeder Anzahl an Postings wird sich das irgendwann relativieren, da es immer mehr Parallelen geben wird.
Aber als ich dieses Blog (damals noch bei einem anderen Arbeitgeber) erschuf, war mir die Anonymität genau deswegen so wichtig, weil ich mögliche Konsequenzen für meinen Beruf befürchtete.

Nutzen?
Naja, das ganze wäre ein Experiment mit dem Ziel, AD(H)S für alle etwas begreifbarer zu machen.

Das größte Problem mit AD(H)S sind meiner Meinung nach nicht die überall in der Literatur beschriebenen Symptome.
Das Größte Problem sind die unzähligen Missverständnisse zwischen den Betroffenen und ihren Mitmenschen.

Mein Chef könnte lesen, wie ich so drauf bin. Er könnte vielleicht besser verstehen, wie die "Macken", die ich habe, funktionieren.
Ich könnte sehen, was meinem Chef missfällt.
Und beide könnten sehen, wo es in der direkten Kommunikation vielleicht zu Missverständnissen kommt.
Mein ADS-behandelnder Arzt könnte besser sehen wo er mich unterstützen kann.
Und alle Leser dieses Blogs würden davon profitieren, ein und die selbe Sache (meine ADS) aus sehr vielen Blickwinkeln zu sehen.

Am Ende entsteht wohlmöglich die vielschichtigste Langzeitbeobachtung eines ADS-Patienten der Welt ... sollten noch mehr diesem Beispiel folgen, so dass man eine aussagekräftige Menge an unterschidlichen "Fällen" erhält, wäre dies vermutlich sogar ein Gewinn für die AD(H)S-Forschung.
Naja, ich will nun mal nicht abheben, das ganze könnte sich auch als Flop herausstellen, bei dem die Nachteile überwiegen.

Gefahren
Tja, leider ist dies die Kehrseite der Medallie. Das ganze ist nicht ungefährlich.

Das Aufgeben der Anonymität gegenüber meinem Chef macht mich wohlmöglich angreifbar.
Hier bedarf es einer sehr genauen Abwägung der Vorteile, denn andererseits könnte dieses Werkzeug helfen, Probleme zu vermeiden.

Die Anonymität (über den geschlossenen Autorenkreis hinaus) muss unbedingt gewahrt bleiben, damit z.B. kein negatives Bild auf das Unternehmen fallen kann, für das mein Chef und ich arbeiten!

Unerfahrene Leser könnten meinen Einzelfall als Universell missverstehen. Es muss sichergestellt werden, dass ich mit meinem Versuch, ADS transparenter zu machen das Gegenteil erreiche und Vorurteile über AD(H)S schaffe. Es gibt keinen Universalfall, andere Menschen mit AD(H)S haben andere Probleme, und Dinge, die meine Probleme lösen könnten bei anderen Menschen die Situation gar verschlimmern.




dieser Eintrag ist noch nicht zu ende gedacht und wird wahrscheinlich später noch einmal von mir editiert werden...

Donnerstag, 21. Juni 2012

Neue Erkenntnisse

Ich hab schon eine weile nichts mehr von mir hören lassen ...

Gut, so beginnen viele meiner Blog-Einträge.
Diesmal hatte ich wieder eine Menge um die Ohren.
Ich hatte Konzentrationsbedingt erhebliche Probleme am Arbeitsplatz, und um ehrlich zu sein, habe ich die momentan auch immer noch.
Doch darüber möchte ich nun nicht im Detail berichten. Das werde ich tun, wenn die Probleme im Griff sind, und ich sagen kann, was geholfen hat.


Dennoch ist es Zeit für Einen neuen Blog-Eintrag, denn ich habe neue Erkenntnisse, darüber, wie AD(H)S eigentlich funktioniert.
Diese Möchte ich hier gerne weitergeben.

Jedem, der diesen Beitrag interessant findet, kann ich nur sehr empfehlen, die Facharbeiten von Dr. Gerog Wolff zu erwerben, aus welchen ich im folgenden teilweise zitieren werde.
Dr. Wolf befasst sich seit 1975 intensiv mit der Thematik HKS, ADS, ADHS und greift dabei auf langjährige Erfahrungen als Psychotherapeut für Kinder und Erwachsene mit AD(H)S sowie als Adoptivvater eines ADHS-Jungen zurück.
Er bezeichnet seine Arbeiten als "Broschüren". Ich nenne diese Werke dennoch Facharbeiten, denn sie sind 30-40 seiten stark, sind nach akademischen Qualitätsmaßstäben geschrieben und weisen einen sehr hohen Informationsgehalt auf. Der Preis liegt zwischen 8 und 5 EUR je Dokument.
Ich habe bei der Lektüre dieser Arbeiten derart viel neues gelernt, dass sich die Investition auf jeden Fall gelohnt hat.
Die Arbeiten können unter http://adhs-hilfe.de/ erworben werden.


AD(H)S zeigt sich durch eine Reihe von Verhaltensweisen, welche betroffene vermutlich bereits in früher Kindheit unbewusst erwerben.

Als Auslöser ist unter anderen Faktoren vor allem ein offenbar genetisch induzierter Mangel des Botensoffes Dopamin zu nennen.
Dopamin erfüllt im menschlichen Gehirn wichtige Aufgaben.
Dr. Wolff listet diese auf:

Dopamin erhöht Wohlbefinden, Leistungsbereitschaft, Wachheit, Konzentration und eigene Zuversicht.
Wohlbefinden und Leistungsbereitschaft halten immer nur solange an, wie Neurotransmitter fließen.
Dopamin wird je nach der aktuellen Bewertung oder Bedeutung einer Situation bzw. Handlungssituation produziert; d.h., immer, wenn etwas spannend, interessant oder neu ist, dann wird Dopamin produziert.
Das Dopaminsystem ist die Grundlage eigener, von innen kommender Motivation und Leistungsbereitschaft bzw. -möglichkeit.
Das Gehirn benitzt insbesondere Dopamin um wichtige Reize subjektiv hervorzuheben.
Das Dopamin führt dazu, dass alle Erfahrungen, die der Betreffende unter Dopamineinwirkung macht, besonders gut erlernt werden, denn Dopamin fördert die Übertragungsbereitschaft der jeweils aktiven Systeme.
Dopamin hält aufgenommene Inhalte länger im Arbeitsspeicher, sodasssie besser in das Langzeitgedächtnis überführt werden können.
[...]
Quelle: Die Bedeutung des Selbstbefindens bei Kindern und bei Erwachsenen mit AD/HS, Seite 26, (c) 2009 Dr. G. Wolff, http://adhs-hilfe.de/


Wenn man nun überlegt, welche Wirkungen es auf einen Menschen haben muss, wenn die eben genannten Funktionen geschwächt werden oder ausbleiben, landet man recht schnell bei einigen Problemen, die typisch für Menschen mit AD(H)S sind.
Doch ich schrieb ja, dass einige Verhaltensweisen von AD(H)S-Betroffenen erworben werden.

Wenn man über AD(H)S redet, spricht man meist von Konzentrazions- und Motivationsproblemen. Diese lassen sich bereits aus dem Dopaminmangel ableiten.
Doch man soricht auch immer wieder von Zappelnden Kindern, die in der Schule stören und auch als Erwachsene sich oft nicht zurückhalten können, andere im Gespröch zu unterbrechen. Man Spricht von unsteten Menschen, die sich nie lange mit ein und der selben Sache beschäftigen können.

Diese Eigenschaften werden von den betroffenen Personen laut Dr. Wolff im frühen Kindesalter unbewusst erlernt.
Da sich Dopamin auf die Steuerung des Wohlbefindens auswirkt, erleiden Betroffene im Umkehrschluss bei Dopaminmangel einen Zustand, den Dr. Wollf als "Diffuses Unwohlsein" beschreibt. Ich erlebe dieses Gefühl solange ich mich zurück erinnern kann als "Geistige Erschöpfung und Leere, begleitet von einem drückenden Gefühl, das Niedergeschlagenheit oder Traurigkeit ähnlich ist, ohne dass man einen greifbaren Grund dafür benennen könnte".
Völlug unabhängig davon, wie man es nun nennt, dieses Gefühl ist sehr unangenehm, je nach Schwere und Situation sogar geradezu quälend.
Es ist naheliegend, dass betroffene Menschen versuchen, dieses Gefühl los zu werden.
Und so kommt es dazu, dass Betroffene sich bereits im Kindesalter intuitiv antrainieren, genau die Tätigkeiten auszuführen, die den Dopaminspiegel heben können, besonders immer dann, wenn der Spigel niedrig ist, und daher dieses ungute Gefühl in einem aufsteigt.

Dr. Wolff nennt in seinen Arbeiten folgende "Verhaltensmöglichkeiten zur Erhöhung des Dopamins"

Körperliche Aktivität und motorische Bewegung (Zappeln, Wippeln).
Neugierverhalten ("novelty seeking"): Reizoffenheit und unmittelbares Zuwenden auf Neues, besonders, wenn es Wohlbefinden oder Spannung verspricht: gutes Essen, schöne Musik und Sex, bzw. [...] schon Erwartung [die] von all diesen schönen Dingen. [Anmerkung Blogger: Satzstellung korigiert, im Originaltext steht das "die" an falscher Stelle]
Suche nach Tätigkeiten, die schon früher mit positivem Befinden und Erfolg verknüpft waren.
Freundliches Angelächeltwerden; die Suche nach dem Lachen der Anderen, und nach deren freudiger Anerkennung.
"Action-Seeking" wie z.B. toben, andere zum Lachen bringen: "Hypies" nennen dies "Spassmachen"; Eltern und Lehrer klagen über "Provokation", "Stören", "Ablenken".
Unterbrechen beim Arbeiten (um sich wach zu machen!!)
"Risiko-Verhalten": Hypies" toben, rasen und gefährden unbedacht sich und Andere; bei Erwachsenen mit AD/HS ist das dann Bungy-Jumping, Leichtsinnigkeiten, "Verkehrs-Rowdytum", Schuldenmachen.
Beziehungs- und Tätigkeitswechsel.
Vermeidung von Monotonie und dem anhaltend Gleichen (z.B. Üben)
Konsum von Kaffee, Nikotin, Drogen, Alkohol.
Quelle: Die Bedeutung des Selbstbefindens bei Kindern und bei Erwachsenen mit AD/HS, Seite 25, (c) 2009 Dr. G. Wolff, http://adhs-hilfe.de/

Natürlich treffen nicht alle diese Verhaltensweisen auf jeden Menschen mit AD(H)S zu.
Ich bin kein Risiko-Sucher, und mit Nikotin, Drogen und Alkohol habe ich auch nichts am Hut. Auch Kaffee konsumiere ich eher in maßen.
In meiner Kindheit hatte ich einen ausgesprochenen Bewegungsdrang. Irgendwann in meiner Jugend wurde dies unwichtiger, und dafür wurde Essen immer wichtiger.
Naja, heute leide ich unter Übergewicht...


Ich könnte nun noch viel weiter auf die Arbeiten von Dr. Wolff eingehen.
Doch möchte ich davon nun absehen, und dem geneigten Leser eher ans Herz legen, sich die Arbeiten von Dr. Wolff selber zu kaufen.


Mir wurde jedenfalls bei der Lektüre dieser Arbeiten einiges klarer.
Bisher wusste ich nur "Ich hab irgend einen Botenstoffmangel".
Jetzt weiß ich welchen MAngel genau, warum, wie der sich auswirkt, und vieles mehr.

Vor mir liegt nun die Aufgabe, Strategien zu entwickeln, meine Dopaminproduktion anzuregen, ohne dabei auf Verhaltensweisen zurück zu greifen, die kontraproduktiv sind. Es ist sicher nicht produktiv, auf der Arbeit dauernd seine Kollegen zu "Unterhalten".
Doch häufiges Pausemachen ist möglich, wenn man das mit seinem Chef abspricht.
Ich mache viele Pausen, und bin daher, um genausoviel wie meine Kollegen arbeiten zu können, einfach deutlich länger im Unternehmen.
Eine abwechslungsreiche Tätigleit wäre sicher auch toll, leider bieten sich dazu für mich aktuell nicht so viele Möglichkeiten.

Begleitend dazu, nehme ich meine Medikamente (Medikinet Adult, ein Methylphenidat-Präperat), welches mir Hilft, dass mein Dopaminspigel zumindest nicht ganz so arg aus den Fugen gerät.

Momentan bin ich noch auf der Suche nach einem geeigneten Facharzt, welcher mich therapeutisch betreut, um mir zu helfen die gerade erwähnten Strategien zu finden, die ich noch entwickeln muss, um meinen Dopaminpegel zu heben, ohne dabei Kontraproduktive Dinge zu tun.

Ich lasse wieder von mir hören, wenn ich Neuigkeiten zu diesem Thema habe.

Dienstag, 24. April 2012

Der Kern des Problems: Fremdbestimmte Leistungs-Zeiten

Die Ursache der meisten Probleme mit ADS im Alltag.
Wie dies im Sommer 2011 zu meinem Burnout führte, und wie ich ihn hätte vermeiden können.



Ich habe heute in meiner Mittagspause einen Spaziergang im Park unternommen, zusammen mit einem Kollegen, mitdem ich auch privat gut befreundet bin.
Beim gemeinsamen Gespräch, welches ursprünglich von ganz anderen Themen handelte, kamen wir irgendwann darauf, was an meinem Gehirn aufgrund von ADS anders läuft, und welche Auswirkungen das auf mein Leben hat.
Ich schilderte ihm einen Teil meiner Vergangenheit, was mir plötzlich, aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, völlig neue Erkenntnisse bezüglich meiner Probleme warf, die ich von Juni bis August 2011 in diesem Blog geschildert hatte.

Ich habe mich damals tatsächlich kaputt gearbeitet.
Meine Arbeitsweise ist heute eine völlig andere, welche aber nicht in jedem Unternehmen möglich ist.

Meine Leistungsfähigkeit unterliegt deutlich stärkeren Schwankungen als die eines Menschen ohne ADS.
In den "guten" Phasen bringe ich aber oft überdurchschnittliche Leistungen.
Wenn meine Leistungsfähigkeit, bzw. meine Konzentration soweit nachlässt, dass ich nicht mehr weiter arbeiten kann, ohne Frust zu erfahren, lege ich nun eine Pause ein. Solch eine Pause kann unter Umständen auch mal eine Stunde dauern, an wenigen Tagen sogar mehr als 2 Stunden ...
Die Zeit zähle ich nicht als Arbeitszeit und bleibe Abends entsprechend länger, um auf 8 tatsächlich geleistete Arbeitsstunden zu kommen. Zusätzlich mache ich an den guten Tagen grundsätzlich eine Überstunde, um damit die Tage abfangen zu können, an denen es weniger gut läuft.
Mein Aktueller Arbeitgeber gestattet mir diese Arbeitsweise, denn wichtig ist nur, dass ich das Wochenziel erreiche.
So bleibe ich zwar ungewöhnlich Lange im Betrieb, doch schaffe ich mir so eine angenehme Arbeitsatmosphäre, bei der mein volles Leistungpotential entwickeln kann.

Im Sommer 2011 sah das anders aus:
Aufgrund dessen dass meine Arbeit in viel kleinere Einzelprozesse aufgeteilt war, welche fast alle auch noch sehr zeitkritisch waren, war eine solche Pausenreiche Arbeitsweise nicht möglich. Es gab eine Mittagspause, aber die lag nicht immer genau dort, wo ich gerade eine Pause benötigt hätte.
Mit der Zeit ließ meine Leistung immer mehr nach. Ich bekam Angst um meinen Job. Und aus Angst um meinen Job begann ich unbewusst, mich zu noch mehr Arbeit zu zwingen, die genauso ineffektiv war.
Ich kam früh zur Arbeit, ging spät nach Hause, aber ich arbeitete die ganze Zeit durch, ohne mehr Arbeit zu schaffen.
Ich konnte nicht in das Arbeitschema wechseln, welches ich jetzt erfolgreich anwende, da ich immer wieder die zeitkritischen Prozesse vor mir sah.
Zwar hätte ich mir kleine Pausen gönnen können, aber nicht die ausgedehnten Pausen von teilweise mehreren Stunden, sie ich sie mir jetzt gönne. Denn ein Serverausfall nimmt keine Rücksicht darauf, ob der Administrator gerade eine "gute" Phase hat. Der Fehler muss binnen kurzer Zeit behoben sein, sonst muss der Arbeitgeber Vertragsstrafen gegenüber seinen Kunden zahlen.
Meine notwendigen Pausen wurden also immer wieder unterbrochen, von Dingen, die Priorität hatten. Ich arbeitete Mehr und mehr, um mein schlechtes Gewissen ob meiner Ineffektivität und meine Angst um meinen Arbeitsplatz zu unterdrücken.
Ich meldete mich freiwillig für unliebsame nächtliche Wartungsaufgaben, die kein Kollege gerne machte, um so mein Ansehen beim Arbeitgeber zu steigern, aus dem Gefühl heraus, etwas wieder gut machen zu müssen.
Ich arbeitete und arbeitete ... und arbeitete ... bis ich nicht mehr konnte, und dann war er plötzlich da: der Burnout.

Gelernt habe ich daraus, dass ich einfach ungeeignet bin für Arbeitsplätze, auf denen ich zu fremdbestimmten Zeiten Leistung zu bringen habe.
Arbeitsplätze bei denen dies nicht so sind, sind vielleicht begrenzt, aber nicht unmöglich zu haben.
Mir geht es jetzt viel besser.

Die Einzige Frage, die sich mir heute noch stellt ist:
Warum habe ich das nicht früher gemerkt?
Ich hätte mir früher eingestehen müssen, dass dieser Arbeitsplatz als Admin in einem großen Hosting-Rechenzentrum nichts für mich ist. Die Zeitarbeitsfirma, für die ich damals arbeitete hätte mir bestimmt auch einen anderen Einsatzort gesucht, denn mein Burnout hat für die Firma sicher einen größeren Schaden bedeutet, als die Suche nach einer anderen Stelle gekostet hätte.
Ich hätte das kommen sehen können! Aber ich war Blind.

Ich hatte doch schon in der Schule diese Probleme.
Das Schulsystem ist nicht kompatibel zu jemandem, dessen Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit in diesem Maße stärkeren Schwankungen unterlegen ist als dem "Durchschnittsschüler".
Auch dort hat man zu fremdbestimmten Zeiten Leistung zu bringen. Denn die Notenfindung basiert auf einem sehr großen Teil auf Tests, Klassenarbeiten oder Klausuren. Künstliche Stichproben an denen ein Schüler innerhalb einer festgelegten Zeit Leistung zu erbringen hat. Keinen Interessiert seine Leistungsfähigkeit 30 Minuten vor oder nach dem Termin. Und wenn man wie ich solchen Leistungsschwankungen unterlegen ist, dann fängt man sich das ein oder andere "ungenügend" ein, obwohl man in den mündlichen Leistungen "sehr gut" benotet wird.
Kein Wunder, mündliche Leistungen werden über das gesamte Schuljahr bewertet, auf Grundlage der Meldungen und der Mitarbeit im Unterricht. Der Schüler meldet sich dann, wenn er gerade eine Idee hat, also dann, wenn er gerade eine "gute" phase hat. Die qualität der Meldungen entspricht dann dem wahren leistungsstand des Schülers...

Genau dieses Bild habe ich zu Schulzeiten immer wieder bei mir selber beobachtet.
Daher hätte ich doch wissen müssen, dass ich Probleme damit habe, zu fremdbestimmten Zeitpunkten Leistung bringen zu müssen.
Ich hatte den Eintritt in das Berufsleben als Befreiung empfunden. Ich hatte keine fremdbestimmten Leistungs-Zeiten mehr. Und alles lief bestens!
Jetzt arbeite ich wieder für genau diesen Arbeitgeber, bei dem einst meine Karriere begann.
Ich hatte den Job ja lediglich unverschuldet aufgrund der Wirtschaftskriese 2008/09 verloren ... jetzt hab ich ihn zurück, und alles ist bestens!

Doch ich fürchte, die Arbeitslosigkeit, in der es mir sehr schlecht ging, hatte mir so sehr geschadet, dass ich erstmal jeden Job genommen habe, ohne darauf zu achten, ob er mir liegt.
Nur warum habe ich dann nicht rechtzeitig in diesem Job bemerkt, dass ich eine Änderung brauche?
Dies ist für mich das letzte Rätzel zum Thema, wie es zu meinem Burnout kommen konnte.

Mittwoch, 4. April 2012

Der „Bald hast Du es Geschafft“-Kasten

Hier ein Tip, den ich heute meiner Frau gegeben habe, die mit ihrer ADHS oft Probleme in der Ausbildung hat.
Sie steht immer vor dem Problem, dass sie nur sieht, wieviel Arbeit noch zu tun ist. Der scheinbar riesige Berg an Arbeit entmutigt sie.
In ihrem Konkreten Fall geht es darum, dass sie öffter mal Leerlaufzeiten hat, die sie damit füllen sollte, Berichte zu schreiben.
Doch ist sie mit den Berichten in Rückstand geraten und ist nun entmutigt von der Größe des angehäuften Berges noch ausstehender Berichte.

Doch wie heißt es so schön?
"Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt."
Allen, die das Problem haben, sich von der scheinbaren Menge an Arbeit entmutigen zu lassen, kann ich empfehlen, folgendes einmal auszuprobieren:



Der „Bald hast Du es Geschafft"-Kasten

Teile Deine Aufgaben in kleine Einheiten auf, die man binnen einer überschaubaren und nicht nervenden Zeit erledigen kann.
Schreibe diese Einheiten auf Karteikarten, und stecke sie in einen Karteikasten.
Wichtig: Stecke alle leeren Karteikarten, die Du hast auch in diesen Karteikasten, hinter die Aufgaben!
Nun versuch zu vergessen, wie viel Arbeit in diesem Kasten steckt.
Mach Dir lieber bewusst, dass der größte Teil der Karteikarten in dem Kasten leer ist.
Das fördert das Positive denken.
Nun mache, wenn du gerade nix zu tun hast die Aufgabe auf der ersten Karte.
Lege die Karte vor den Karteikasten und schließe den Kasten.
Arbeite sie ab.
Wenn Du unterbrochen wirst, lege die Karte auf oder unter den Kasten, und nimm sie wieder hervor, sobald Du wieder nix zu tun hast.
Wenn sie fertig ist, stelle die Karte mit der unbeschriebenen Seite nach vorn, ganz hinten in den Kasten.
So arbeitest du immer nur die „nächste" Aufgabe ab.
Ohne den Druck, wie viele Aufgaben noch vor Dir liegen.
So kannst Du dich immer nur auf den nächsten Schritt konzentrieren.
Was nützt es Dir am Fuße eines Berges zu stehen, zum Gipfel zu schauen und zu denken „da komm ich nie rauf"?
Schritt für Schritt kommst du dem Ziel näher.
Und irgendwann nach einer endlichen Menge an weniger anstrengender Arbeit (weil der Druck geringer ist) kommst Du an den Punkt, an dem Du auf einmal eine leere Karte ziehst.
Dann hast du es geschafft :-)

PS:
Wenn Du den Kasten nun umdrehst und von hinten beginnend durchblätterst, bekommst Du so positives Feedback, wie viel Du schon geschafft hast.
Wichtig ist, auszublenden, wie viel noch „fehlt".
Immer daran denken „Die meisten Karten sind eh leer, lange kann es nicht mehr dauern".

PPS:
Füge dem Kasten keine neuen Aufgaben hinzu. Das entmutigt, denn du merkst zum einen, dass die Aufgaben mehr werden, und zum anderen musst Du die Illusion des "Bald fertig" zerstören indem Du die Stelle suchst, an der die leeren Karten beginnen.
Der Kasten ist nicht für Aufgaben mit hoher Priorität geeignet, die machst Du am besten sofort.
Aufgaben mit niedriger Priorität schreibe erstmal wo anders auf.
Wenn der Kasten leer ist, gönne Dir erst eine Belohnung, und dann kannst Du einen neuen Kasten mit den bis dahin angelaufenen Aufgaben beginnen.

Montag, 26. März 2012

Ich bin wieder da

Ich bin wieder online.
Viel ist geschehen in den letzten Monaten, und vieles hat sich zum Guten
gewendet.

Daher entschuldige der geneigte Leser bitte, dass ich ein halbes Jahr
nichts mehr hier geschrieben habe.
Ich brauchte einfach eine Auszeit, in der ich ein paar Dinge in den
Griff bekommen konnte.

Ich habe mittlerweile die Arbeit, auf die sich meine bisherigen
Meldungen beriefen gekündigt.
Ich arbeite nicht mehr im Bereich Hosting. Dies war viel zu stressig für
mich.
Jetzt betätige ich mich als Softwareentwickler, in einer Firma, in der
ich wesentlich bessere Arbeitsbedingungen vorfinde:
Ich muss nicht mehr mitten in der Nacht aufstehen, um irgendwelche
Aufgaben für irgendwelche Kunden zu erledigen.
Ich Kann mir meine Arbeitszeit frei einteilen und wenn meine
Konzentration nachlässt, ist es kein Problem, wenn ich eine zweistündige
Pause einlege.
Das einzige was zählt ist das Ergebnis am Ende der Woche.
Daher habe ich mir angewöhnt, jeden Tag immer eine Überstunde zu machen.
Mit den angesammelten Überstunden kann ich es sehr gut Abfangen, wenn
ich mal einen schlechten Tag habe, an dem nichts mit Konzentration ist.
Dadurch schaffe ich mir selber ein sehr viel angenehmeres Arbeitsklima.
Ich habe nicht mehr so einen enormen Erfolgsdruck und gerate daher nicht
mehr in die Spirale, die letztes Jahr letztenendes zum Burnout geführt
hatte.

Hinzu kommt, dass ich mir feste Pausenzeiten gesetzt habe, in denen ich
nicht arbeite.
Und da diese Pause gleich endet, und ich mich nicht wieder von der
Arbeit ablenken lassen werde, müsst Ihr auf weitere Neuigkeiten noch
einen Moment warten ;-)

Bis bald.

Freitag, 26. August 2011

6 Wochen Krankgeschrieben - Eine Zusammenfassung

Ich habe nun lange nicht die Muße aufbringen können, etwas in diesem
Blog zu schreiben.
Doch in den vergangenen Wochen ist viel passiert.
Damit folgende Postings nicht völlig aus dem Zusammenhang gerissen
wirken, hier eine Zusammenfassung der Ereignisse seit meinem letzten
Posting:


Einen Tag nach meinem letzten Posting habe ich nicht mehr die Kraft
aufbringen können, zur Arbeit zu gehen.
Ich habe meine Hausärztin aufgesucht, die mich erst einmal
krankgeschrieben und an einen Psychologen verwiesen hat.

Es folgten mehrere Psychologische Gespräche und mehrere Verlängerungen
meiner Krankschreibung um jeweils 1-2 Wochen.
Erste Diagnose: "Depressive Anpassungsstörung", was soviel bedeutet, als
dass ich mich nicht mehr länger an meinen Arbeitsplatz anpassen kann.
Mit Anpassen ist in diesem Fall am ehesten zu verstehen, dass meine
aktuelle Tätigkeit nicht dem entspricht, was mir liegt, da sie zu
monoton ist. Ich muss mich Anpassen indem ich mir die Arbeit schön rede.
Dies gelingt einfach nicht mehr, was zu Frustration führt, und das
wiederrum erschwert weitere anpassungsversuche. Eine Spirale, die sich
immer weiter dreht.
Was nun hierbei Ursache und was Wirkung ist, ist schwer zu ergründen,
das kommt mir persönlich vor wie die Phillosophische Frage was zuerst da
war, das Huhn oder das Ei...
Naja, um nicht weiter abzuschweifen mache ich es kurz:
Mir wurde von zwei unabhängigen Psychologen geraten, mir ein anderes
Aufgabenfeld zu suchen.

Diese erneute Krankschreibung dauerte 6 Wochen an. Ich hätte wohl noch
länger krank geschrieben werden können, doch ich wollte Arbeiten. Da es
mir privat mittlerweile deutlich besser ging, seitdem ich ein leichtes
Antidepressiva bekam, beschloss ich, es mit der Arbeit wieder zu versuchen.

Seit Anfang August Arbeite ich nun wieder an meinem Arbeitsplatz als
Server-Admin.
Vorerst, denn glücklich werde ich hier nicht mehr, und werde daher den
Rat der Psychologen befolgen, mir eine Arbeit zu Suchen, die mehr meinen
Fähigkeiten entspricht. Ich bin wohl eher ein Mensch, der kreativ sein
muss, etwas was ich früher als Softwareentwickler immer war. In diese
Richtung werde ich wohl zurück gehen.

Da ich als Externer Mitarbeiter von einem Dienstleister an diese Firma
vermittelt wurde, habe ich meinen Sachbearbeiter gebeten, mich an eine
andere Firma mit anderen Aufgaben zu vermitteln.
Dies kann aber noch eine Weile Dauern. Solange ich von dort keine
Rückmeldung erhalte, werde ich in der Firma noch mit keinem über meine
Ausstiegspläne sprechen.

Dienstag, 21. Juni 2011

Bournout-Theorien: 2. Akt

Ich habe gerade mit einem Kollegen gesprochen.

Ich habe es eigentlich immer vermieden, mit meinen Kollegen über die
Probleme zu sprechen, die ich in diesem Blog thematisiere. Kein Kollege
weiß von der Existenz dieses Blogs. Diesem Kollegen gegenüber hatte ich
lediglich vor einigen Wochen berichtet, dass ich mich "seit kurzem"
nicht gut konzentrieren kann.
Da dies kurz vor meiner Hochzeit war, entgegnete dieser: "Mach Dir
Keine Sorgen, Du heiratest in 4 Tagen, da ist das normal, dass man mit
den Gedanken wo anders ist".

Nun, dieser Kollege erkundigte sich heute, wie weit ich mit einer
Aufgabe sei, die ich für ihn lösen müsse, da der Kunde schon ungeduldig
würde.
Ich sagte ihm, dass ich die Aufgabe an jemand Andres abgeben müsse, weil
ich den Wald vor lauter Bäumen nicht sehe. Doch er hörte aus meiner
Stimme Besorgnis heraus und hakte nach.

So sagte ich ihm, dass die Probleme, die ich vor Wochen Ansprach, und
die er auf meine Hochzeit geschoben hatte, noch immer andauern.
Ich musste ja irgendwie begründen, warum ich ihn mit der Arbeit so
hängen lasse. In dem Moment dachte ich einfach nicht daran, dass ich das
Thema von meinen Kollegen fern halten wollte, und das dies nur meinen
Chef und mich etwas anging.

Darauf hin reagierte er besorgt und zu meiner Überraschung vor allem
sehr Verständnisvoll.
Er berichtete mir, dass sich das für ihn nach einem Burnout anhöre, er
habe selber vor nicht ganz einem Jahr einen gehabt.

Ich hatte das Thema Burnout eigentlich bereits abgeschrieben (siehe 2
Blog-Einträge zuvor).
Doch ich wollte mehr darüber hören.
Auch wenn ich keinen Burnout hätte, so hätte ich endlich mal einen
Gesprächspartner, der derartige Probleme selber einmal erlebt hatte, und
da auch wieder raus gekommen war.

Wir setzten Das Gespräch in seinem Büro unter vier Augen fort.

Ich schilderte ihm meine Probleme, dass ich arbeiten wolle, aber es
nicht könne.
Dass ich ein schlechtes Gewissen habe, zur Arbeit zu gehen und mich
bezahlen zu lassen, obwohl ich nichts leiste.
Im Grunde erzählte ich ihm fast alles, was in diesem Blog seit dem 03.
Juni 2011 zu lesen ist.

Der Kollege, der aus einer Familie von Ärzten und Psychologen kommt,
bestätigte mir, das selbe erlebt zu haben.
Bei ihm war es ein Burnout, und er legte mir nahe, mich noch einmal
explizit darauf untersuchen zu lassen.

Ich erzählte etwas über meinen Lebenslauf, meine Ausbildungen und meine
Rückschläge der Vergangenheit.
Nun verstand er auch, dass die Psychologin mir eine Angststörung
diagnostiziert hatte, als sie die selbe Vorgeschichte gehört hatte.
Er riet mir dazu, beides zu verfolgen. Eine Angststörung könne eines von
vielen Burnout-Sympthomen sein.
Da ich nun nach der Aussprache mit meinem Chef (siehe zwei Blog-einträge
zuvor) keine Anzeichen von Angst mehr verspürte, aber trotzdem nicht
mehr arbeiten konnte, hielt er einen Burnout für sehr wahrscheinlich.

Wir wollten gerade darüber sprechen, was er mir rät zu tun, und wo ich
mir am besten Hilfe holen solle, und wie ich mich der Firma gegenüber
verhalten soll ...
... doch unser Gespräch wurde leider unterbrochen. Er Hatte noch einen
Termin zu einer Besprechung und bekam nun Besuch von einem anderen Kollegen.
Wir haben das Gespräch nun vertagt.
Er meldet sich bei mir, sobald er wieder Zeit hat.
Und ich sitze nun hier, den Kopf voller Gedanken, die ich erst einmal
verarbeiten muss.
Dies hier nieder zu schreiben hilft mir ein wenig dabei.

Ich muss dieses Gespräch zu ende führen, ehe ich mir ein Urteil bilde.

Dass es sich um einen Burnout handelt, möchte ich nicht wahr haben, und
werde derartige Theorien vielleicht mit einem Arzt besprechen, aber ich
will mich ohne fachärztliche Diagnose deswegen nicht verrückt machen.
Das Thema Burnout hatte ich bereits abgeschlossen.